Archiv der Kategorie: Cochlea-Implantat

vor und nach der Operation

Trainerwechsel

 Trainerwechsel

Trainerwechsel
Trainerwechsel

Hörtraining beendet

In der vergangenen Woche erlebte ich mein letztes Hörtraining. Am 02. Juni 2015 wurde mir das Cochlea Implantat eingesetzt. Nach ca. fünf Wochen Abheilzeit, am 09. Juli 2015 bekam ich meinen AB Naida Q70 Soundprozessor aufs Ohr und die erste Anpassung. Es sind also etwas mehr als drei Monate vergangen. Innerlich eingestellt hatte ich mich auf eine Lern- und Trainingsphase von etwa einem halben Jahr.

Intensive Zeit

Dieses letzte viertel Jahr war für mich eine sehr intensive Zeit. Etwa zwei Mal pro Woche war ich im Cochlea Implantat Centrum Saar zum Hörtraining und in gewissen Abständen auch zur Anpassung meines Soundprozessors. In noch größeren Abständen wurde in der HNO Klinik ein Hörtest meines „neuen“ linken Ohrs durchgeführt.

Mit Enthusiasmus bin ich gestartet und begeistert bin ich immer noch. Das neue Hören auf der linken Seite war schon zu Beginn die Bestätigung dafür, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Aus der Wahrnehmung von unklaren Geräuschen wurde inzwischen ein gutes Sprachverstehen. Die Kurve des Hörtests ist jetzt eine fast wagerechte Linie auf hohem Niveau

Inzwischen kommt auch der Klang, das Volumen von Sprache, in kleinen Schritten auf meiner linken Hörseite an. Technisch betrachtet bin ich bereits optimal versorgt.

Frust

Frustration gab es auch, manchmal hatte ich den Eindruck, „ich höre gar nichts mehr richtig“. Rückblickend war es nur meine Ungeduld, ich hatte von mir mehr erwartet als möglich war. Erlebt hatte ich, dass andere Betroffene, Menschen mit einer nur einseitigen CI Versorgung und einem anderen tauben Ohr, schneller lernen als ich. Das ist aber verständlich, da sie ausschließlich auf das neue CI angewiesen sind.

Ich selbst dagegen befand und befinde mich in einer komfortablen Situation. Habe ich doch noch mein rechtes Ohr, mit dem ich überein Hörgerät noch recht ordentlich hören kann, wenn auch nicht mehr alle Frequenzen. Da zeigt der Hörtest einen schönen Bogen nach rechts unten.

Wehmut

Mein letztes Hörtraining hatte dann auch so einen Hauch von Wehmut. Seltsam, wie schnell die Gewöhnung erfolgt war. Das lag sicherlich vorwiegend an den Menschen, die mich und mein neues Hören intensiv und sehr individuell betreut und begleitet haben. „Das ist doch deren Job“ höre ich dann manchmal, wenn ich darüber erzähle. Ja, ja, das stimmt schon, aber es gibt eben Unterschiede, wie jemand seinen Job macht.

Hörtraining - Kaffee und ein Glas Wasser
Hörtraining – Kaffee und ein Glas Wasser

Kaffee und Wasser

Ich bin ein Kaffeetrinker, reagiere aber körperlich auf Kaffee. Wenn ich zum Kaffee jedoch ein Glas Wasser trinke, werden diese Reaktionen weitgehend verhindert.  – Was das jetzt hier soll? Immer wenn ich zum Hörtraining oder zur Anpassung kam standen für mich ein Glas Wasser und eine Tasse Kaffee bereit.

Danke

Diese Geste wurde für mich zum Symbol, fast schon zum Synonym für eine Wertschätzung, die ich in dieser Zeit erfahren habe. Dafür bedanke ich mich hiermit.

Mein neuer Trainer ist meine Frau und das wirklich wahre Leben.

Und was kommt jetzt? – jetzt muss ich dringend mein Hörgerät rechts neu anpassen lassen, ich glaube ich höre rechts schlechter – vielleicht ist aber auch nur der Unterschied so groß geworden?

Brücke zu neuem Hören
Brücke zu neuem Hören

Anpassung

Hörtraining am TV Gerät
Hörtraining am TV Gerät

Anpassung

Sieben Wochen

Es sind nun 7 Wochen vergangen, seit ich das AB Naida CI Q 70 trage. Anfangs hatte ich vermutet, es sei tragen im Sinne von „Lasten tragen“. Doch sehr schnell konnte ich feststellen, dass das Tragen des CI statt zur Last, zur Selbstverständlichkeit wurde.

Morgens gehört es zu meinem Ritual, direkt nach dem Aufstehen, das Gerät anzulegen. Und abends, ist es meine letzte Handlung, vor dem Schlafengehen, das Gerät wieder abzulegen. Es ist ein Teil von mir geworden – zumindest tagsüber.

Schnelle Entwicklung

Ich erinnere mich gut an den ersten Moment, als mir der Sprachprozessor mit Akku und Magnetspule zum ersten Mal angelegt wurde. Es war ein behutsames erstes Hören von Tönen, die ich bereits in meinem Beitrag „Blechdosentelefon“ beschrieben habe.
Inzwischen erlebe ich eine ständige Entwicklung von Anpassung zu Anpassung.

Opportunismus

Zum Wort Anpassung hatte ich vor dem Cochlea Implantat völlig andere Vorstellungen. Ich habe mich im Laufe meines Lebens vielfach an veränderte Lebenssituationen angepasst. Nach beruflichen Veränderungen habe ich mich den neuen Herausforderungen angepasst. Meine Vorstellung bezog sich auf „sich anpassen“.
Einer der sich anpasst wird auch mit dem gleichbedeutenden Fremdwort Opportunist bezeichnet – häufig auch beschimpft.

Anpassung des Sprachprozessors

Hier bedeutet Anpassung, eine Anpassung meines CI Sprachprozessors an die Entwicklung meines Hörnervs bzw. meines Gehirns.  Anpassung an die nun wieder von links ankommenden Geräusche und Sprache in meinem Gehirn. Dieser Vorgang erscheint mir sehr wichtig und er ist mir einen eigenständigen Beitrag wert.

Zwischen zwei Anpassungen liegen Tage oder auch Wochen intensiven Hörtrainings. Hier will ich die Qualifikation und Leistungen der Damen des Cochlea Zentrums, die mit mir trainieren, loben – ebenso aber auch die Leistung und Geduld meiner Frau. Alle trainieren mit mir, Sprache nicht nur zu hören, sondern zu verstehen.

Doch unmittelbar spürbare Entwicklungsschritte empfinde ich durch die Anpassungen des Sprachprozessors. Es ist für mich jedes Mal ein Ereignis, zu erleben, wie nach einer Anpassung plötzlich alles noch besser funktioniert. Geräusche habe ich ja recht früh wieder hören können, aber die Sprache ist um ein Vielfaches komplexer. Sie bedarf immer wieder neuer behutsamer Nachstellung des CI-Prozessors. Es ist die Sprache, die ich nach einer Anpassung besser verstehe.

Hier erlebe ich sehr viel Erfahrung und den absoluten Willen, sehr genau so zu dosieren, wie es meiner momentanen Situation entspricht. Es gilt hierbei in jedem Frequenzbereich, genau die Dosierung herauszufinden und vorläufig festzulegen, die meinem Entwicklungsstand entspricht. Hier begeistern mich Mensch und Technik gleichermaßen.

Meine letzte Anpassung wurde vor erst 9 Tagen vorgenommen. Doch inzwischen meine ich, mein Hörnerv und (hoffentlich) auch mein Gehirn kann bald wieder eine neue Anpassung vertragen bzw. verkraften.

Fortschritte

Nun bin ich dank der Unterstützung aller, nach sieben Wochen bereits soweit, langsam und deutlich vorgelesene Artikel z.B: aus einer Zeitung, über mein Implantat zu verstehen.

Verstehen trainieren über CI und ComPilot
Verstehen trainieren über CI und ComPilot

Ich habe die Möglichkeit, über meinen ComPilot, Fernsehsendungen direkt auf den Sprachprozessor zu leiten. Es begeistert mich, damit jetzt schon, ganze Sätze von Moderatoren zu verstehen, die nicht speziell für, die vor kurzem erst operierten Träger von Cochlea Implantaten, sondern für die Allgemeinheit sprechen.

Mein Umfeld wundert sich dann schon mal, wenn ich vor dem stumm geschalteten TV Gerät sitze, ein angestrengtes Gesicht mache und hin und wieder begeisterte Äußerungen von mir gebe.

Es wirkt, wie der alte Trottel, der ab und zu mal was versteht – genau so ist es wohl auch. Zum Glück.

Die Welt wird lauter

Die Welt wird lauter

Nun trage ich seit fast drei Wochen mein Cochlea Gerät und nehme meine Umwelt wahr.
Es hat sich etwas verändert. Die Welt ist für mich lauter geworden – langsam aber stetig.

Neue Geräusche

Bewusst wurde es mir, als ich beim Schreiben das Klappern der Tastatur deutlicher hörte.

die Welt wird lauter
die Welt wird lauter

Morgens, ja besonders morgens höre ich Geräusche lauter als abends. Morgens höre ich inzwischen die Küchenuhr. Es ist ein Klacken jede Sekunde, klack, klack usw.  Das hatte ich früher nie gehört, auch nicht mit zwei Hörgeräten.

Ich wohne auf dem Lande, da ist es ruhig denken Viele. Traktoren auf den Feldern der gegenüberliegenden Seite des Dorfes und auch Erntemaschinen höre ich. Bagger auf dem Friedhof in der Nähe und LKW`s aus der Dorfmitte.

Sprache verstehe ich noch wenig

Sprache verstehe ich jedoch bisher nur wenig, ohne mein Hörgerät am rechten Ohr. Sprache übe ich täglich. Oft mehrfach. Immer noch habe ich kein Ohrstück um mein rechtes Ohr zu verschließen. Das wäre einfacher als mit den Schaumstoffstöpseln. Die allein genügen nicht. Ich muss immer noch mit einem Finger zusätzlich das rechte Ohr zudrücken, um Hören ausschließlich mit meinem Naida CI zu üben.
Aber – auch hier gibt es Verbesserungen. Sie sind viel langsamer aber sie sind da.

Hörtraining

Beim Spazierengehen mit Frau und Hund nehme ich mein Hörgerät rechts weg und glaube dadurch mein Hirn mehr auf der Cochlea Seite zu trainieren. Denn das habe ich aus dem Hörtraining behalten „Das Gehirn nimmt immer den bequemeren Weg“. Ohne Hörgerät rechts ist es für das rechte Ohr nicht mehr so bequem und ich hoffe dass das CI und damit mein linker Hörnerv stärker gefordert wird.

Com Pilot

Seit einigen Jahren habe ich zum Hören beim Fernsehen bereits den Com Pilot von Phonak. Da mein Naida CI mit Phonak Technologie kompatibel ist, kann ich es auch für die Übertragung auf mein Naida verwenden. Also benutze ich es auch fürs Hörtraining. Das kann ich völlig unabhängig ohne sonstigen Trainer machen.

Talkshow als Hörtraining

Kürzlich habe ich mir eine ganze Talkshow auf diese Weise „angehört.“ Dazu stelle ich den normalen Ton am Fernsehgerät ab und nehme außerdem mein Hörgerät rechts vom Ohr.

Ausschließlich über mein Cochlea Implantat kann ich jetzt den Fernsehton hören. Da erlebe ich verschiedene Stimmen und manchmal auch schon Stimmungen und versuche zu begreifen, worum es eigentlich geht. Es ist sehr viel Geduld bei diesem Training erforderlich. Aber hin und wieder verstehe ich ein Wort, manchmal halbe Sätze und je nach Sprecher auch schon mal einen ganzen Satz. Je länger ich das übe, desto mehr verstehe ich.

Leider hört sich immer noch alles sehr leise und blechern an. Stimmen kann ich kaum unterscheiden. Da fällt es mir schwer, mir vorzustellen, später einmal Sprache und Stimmen normal hören zu können. „Du bist ja erst am Anfang“ hör ich dann meine Frau sagen. Da hat sie sicher recht. Ich hatte mir vorgenommen, nicht ungeduldig zu werden.

Autogeräusche 

Beim Autofahren musste ich kürzlich feststellen, dass das Innengeräusch doch lauter ist, als ich bisher dachte. Außerdem schlug der Scheibenwischer recht hart auf – nach meinem Empfinden jedenfalls.

Musik aus dem Nebenzimmer höre ich inzwischen, noch nicht so, dass ich sie erkenne aber ich höre sie.

Richtung hören

Doch noch etwas ist völlig neu.  Ich bilde mir ein zu hören, aus welcher Richtung ein Geräusch kommt. So ganz sicher bin ich mir dabei noch nicht. Aber das wächst.

Tag Zwei und mehr mit dem AB Naida CI

Siehe auch: Tag 1 mit dem Naida CI

Tag zwei und danach mit dem AB Naida CI

Tag Zwei

Heute beginne ich mit einem Hörtest. Da ich zunächst davon ausgehe mit meinem neuen „AB Naida“ noch nicht wirklich hören zu können, verstehe ich noch nicht was da getestet werden soll. Doch die Dame, die den Test durchführt, klärt mich dazu auf. Die Töne, die ich bereits höre, haben noch nicht mit dem Verstehen von Sprache zu tun. Töne kann ich bereits hören – und wenn ich das richtig verstanden habe, auch schon recht ordentlich. Ich kann nichts Besonderes bei mir feststellen, aber die Hörtesterin ist völlig aus dem Häuschen, sie kann es kaum fassen, wie gut das CI bereits funktioniert – oder besser gesagt, wie gut mein Hörnerv bereits zur Zusammenarbeit bereit ist. Wenn das so ist, muss mein Hirn jetzt auch noch mitspielen.

Frank Hörtest am 08.07.2015
Frank Hörtest am 08.07.2015

Die beiden höchsten Töne wurden bewusst noch nicht so stark eingestellt (siehe Testergebnis).

 

 

Anpassung

Anschließend wird mein neues Gerät wieder der Entwicklung meines Hörnervs angepasst. Banal gesagt könnte ich es „lauter stellen“ nennen, doch es ist bedeutend komplexer. Hier geht es  um eine Feinabstimmung in allen technisch möglichen Frequenzbereichen. Bei diesem Vorgang begreife ich, dass es tatsächlich einen Fortschritt innerhalb von einem Tag gegeben hat.

Hörtraining

Steinohr - Bildquelle Dieter Schütz / Pixelio
Steinohr – Bildquelle Dieter Schütz / Pixelio

Anschließend gehe ich zum Hörtraining. Mein noch hörendes rechtes Ohr wird mit dem Ziel verstopft, nur noch über die neue Hörtechnik zu hören. Wir beginnen mit Tieren – ich habe zunächst Probleme. Doch langsam verstehe ich einzelne Tiernamen die ich gleichzeitig auf meinem Blatt Papier mitlesen kann. Wie schon zum Tag Eins berichtet, höre ich eine weit entfernte blecherne Computerstimme sprechen.

Heiteres Beruferaten „Rübenheber“

Wir machen weiter mit Berufen. Vokale verstehe ich anfangs besser als Konsonanten – diese Situation kenne ich ja nun schon seit Jahren – mehrsilbige sind leichter als einsilbige Wörter zu verstehen. Da entstehen beim Hörvorgang im Gehirn ganz neue Berufe: „Rübenheber“ ist z.B. ein so neu geschaffener Beruf. Fliesenleger stand auf dem Papier.

Tag Drei

Das geht nun heute, am Dritten Tag so weiter, Gerät anpassen und Hörtraining. Von Mal zu mal stelle ich winzig kleine Fortschritte im Hör-Verstehen bei mir fest. Ebenso wächst in mir die Gewissheit „da benötige ich noch verdammt viel Geduld“.

Wieder zu Hause

Hier übe ich nun täglich gemeinsam mit meiner Frau und merke wie schwankend die Hörergebnisse bei mir sind.

Als erstes lasse ich bei meinem Hörgeräteakustiker Abdrücke meiner Ohren bzw. Gehörgänge anfertigen. Daraus sollen Ohrstücke hergestellt werden.

Links, um das Naida Gerät bei Bedarf zusätzlich zu befestigen – zur Begründung wurde mir im CIC von einem Patienten erzählt, der sein Gerät zwei Stunden in der Brombeerhecke gesucht hatte.

Rechts, als Verschluss für mein noch hörendes Ohr, eine sogenannte Vertäubung. Das benötige ich zum Üben. Die Ohrenstöpsel aus Schaumstoff reichen nicht aus, da muss ich schon sehr stark mit einem Finger zudrücken, um wirklich nichts mehr mit diesem Ohr zu hören. Das strengt zusätzlich an und tut auf Dauer auch noch weh.

Hier übe ich nun täglich zwei Mal je ca. 15 Minuten. Dann merke ich, dass es erst mal wieder genug ist.

Tag eins mit dem Naida CI

Tag Eins mit dem Naida CI

Fünf Wochen nach der CI Operation

Heute bin ich im CIC Homburg (Cochlea Implantat Centrum, ein Bereich der HNO Klinik am Universitätsklinikum in Homburg). Fünf Wochen nach der Operation bekomme jetzt mein Naida CI Q70 Gerät. Nun darf ich zum ersten Mal Töne damit wahrnehmen.

Technische Vorarbeiten

Naida Koffer-Erstausstattung
Naida Koffer-Erstausstattung

Es beginnt mit dem Zusammenbau des Gerätes und der anschließenden Justierung. Ich gebe ja schon immer darauf Acht, dass die technische Entwicklung mein Vorstellungsvermögen nicht überholt. Es bleibt wohl ein permanenter Wettlauf zwischen der Entwicklung und mir. Was ich damit sagen will: offenbar lässt sich nach Anbringung meines neuen Gerätes am Kopf, und einer speziellen Verbindung mit einem PC, am Computer feststellen, wie weit mein Hörnerv bzw. das Bündel davon, bereit ist, mit dem Naida (so heißt mein neues Bauteil am Kopf) zusammen zu arbeiten. Entsprechend kann dann eine Anpassung vorgenommen werden.

Für mich ist es sehr erhebend, plötzlich deutlich zu spüren, auf der linken Seite Töne bzw. Geräusche wahrzunehmen. Das allein ist schon mal ein toller Schritt.

Erstes Hörtraining

Nach diversen Einstellungen erfolgt ein erstes Hörtraining. Das scheint mir die eigentliche Herausforderung zu sein.

Von vielen Seiten wurde und werde ich ermahnt, Geduld haben zu müssen, mein Hörnerv braucht Zeit um wieder differenziert zu arbeiten. Diese Geduld bringe ich auf – der Nerv offenbar auch.

Es beginnt damit, kurze und lange Töne zu erkennen und zu benennen. Das mag banal klingen, aber für die ersten Wahrnehmungen auf meiner linken Seite ist das durchaus etwas Neues. Eine Steigerung des gerade Gelernten sind dann Töne in unterschiedlicher Höhe, gefolgt von jeweils zwei aufeinander folgenden Tönen, die ich in ihrer Tonhöhe unterscheiden bzw. zuordnen muss. Das klappt auch. Offenbar ist mein Hörnerv, der Linke, zur Zusammenarbeit bereit – ich bin es auch. Zusammenarbeit habe ich schon immer geschätzt.

Um nicht zu langweilen, viele möchten wissen, wie hört sich das denn nun an, wenn die ersten Töne über ein Cochlea Implantat gehört werden. Ich kann das selbstverständlich nur für mich persönlich beantworten.

Blechdosentelefon

Als Kinder haben wir Telefone gebastelt. Dazu benötigten wir eine Schnur, die an jedem Ende durch Knoten an alten Blechdosen befestigt wurde. In der Regel nahmen wir alte leere Konservendosen die wir irgendwo fanden – an einem Ende vielleicht eine eher flache Fischdose und am anderen Ende eine Einliter Konservendose in der vermutlich mal Erbsen konserviert waren. Da ich den Fischgeruch schon als Kind nicht mochte, habe ich Fischdosen immer abgelehnt. In die Dosen hatten wir mit einem spitzen Gegenstand und einem Stein, der als Hammer diente, Löcher geschlagen und durch diese Löcher dann die Schnur gezogen. Ein Dicker Konten auf beiden Seiten des Lochs sorgt dabei für Halt und die notwendige enge Verbindung zwischen Schnur und Dose. Je länger die Schnur war, die wir auftreiben konnten, desto größer wurde der Abstand zwischen uns Freunden. Ganz ideal war die Situation, wenn wir uns mit unseren Stimmen nicht mehr hören konnten. Die Schnur musste gespannt sein. Mein Spielkamerad sprach in die Fischdose und er ich heilt meine Erbsendose ans Ohr. So stellen wir eine „Telefonverbindung“ her.

Ich hoffe nicht, dass durch dieses Kinderspiel die Grundlagen meiner Schwerhörigkeit gelegt wurden. Aber wenn Ihr Euch dieses Spiel akustisch vorstellen könnt, kommt das dem ersten Hören mit meinem Cochlea Implantat sehr nahe.

Ein weiterer Vergleich, der mir zum ersten Hörerlebnis einfällt: Stell Dir ein Metallrohr in möglichst großer Länge vor – zehn Meter oder mehr. An einem Ende spricht oder ruft jemand hinein. An das andere Ende hältst Du Dein Ohr. Wie ich schon oben angedeutet habe. Es ist erhebend.

Zahlen hören – Zahlen raten

Frank als CI Träger
Frank als CI Träger

Um diesen Tag noch abzurunden – das Hörtraining geht noch weiter. Es versteht sich von selbst, beim Hörtraining muss das noch hörende Ohr verschlossen werden. Hören von Sprache ist etwas ganz anderes als das Hören von Geräuschen. Sprache ist bedeutend anspruchsvoller. Ich kann heute mit dem CI Sprache nur sehr sehr leise hören und noch schlechter verstehen.

Mir werden Zahlen, die ich gleichzeitig ablesen kann, vorgelesen. Diese Zahlen sollen verstanden werden. Anschließend werden diese Zahlen in willkürlicher Reihenfolge vorgelesen und ich darf sie erkennen und aussprechen. Das gelingt weitgehend, mit der Geduld meiner Trainerin und auch mit meinem Willen, wieder hören zu lernen.

Ich werde über die am ersten Tag erzielten Fortschritt gelobt. Das tut mit gut, ich hoffe auf mehr – Fortschritt und Lob.

Alle geben sich sehr viel Mühe mit mir. Danke!

Bald ist es soweit

Bald ist es soweit

Beginn am 07.07.

Franks Kopf - Haare nachgewachsen
Franks Kopf – Haare nachgewachsen

Am Dienstag, 07.07.2015 beginnt mein neues Hören mit dem Cochlea Implantat. Das bedeutet konkret, die Naht der Operation ist weitgehend abgeheilt – nun kann das Gerät zum ersten Mal angesetzt werden. Ich bin sehr gespannt darauf.

Meinen Blog habe ich ja schließlich im Untertitel „mein Weg in die Schwerhörigkeit und zurück“ benannt. Jetzt muss sich das „ZURÜCK“ beweisen.

Wie auf dem Foto meines Hinterkopfes zu sehen, sind meine Haare inzwischen wieder gewachsen. Die Naht ist nicht mehr sichtbar.

Fragen

Wie werden sich die ersten Geräusche über dieses technische Hilfsmittel anhören? Funktioniert das überhaupt alles? Bisher konnte ich den Erfolg der Operation ja noch nicht wirklich wahrnehmen. Ist mein Hörnerv wirklich noch soweit in Ordnung, dass ich ihn mit Hilfe des Implantats und des Außengerätes nutzen kann? Ja doch – es wurde ja vorher alles getestet.

Trotz dieser Fragen bin ich sehr zuversichtlich – ich kann es kaum noch erwarten und möchte endlich diesen für mich neuen Prozess beginnen und mit dem Cochlea Implantat neu hören lernen. Im Vorfeld hatte ich bereits Gespräche mit zwei Damen, die ein solches Gerät tragen. Eine erst sehr kurze Zeit, die andere bereits seit Jahren. Beide Gespräche haben mich sehr unterstützt in meiner Entscheidung, diese Kopf OP bei mir durchführen zu lassen.

Mut machen

Auch ich möchte in Zukunft anderen Mut machen, diesen Schritt zu gehen. In wenigen Tagen kann ich das schon genauer ausdrücken.

Geburtstagsfeier

Gestern durfte ich mal wieder eine Geburtstagsfeier im Freundeskreis erleben. Wir saßen auf der Terrasse an mehreren aneinander gereihten Tischen. Mir fiel auf, dass ich einen Freund, der am weitesten von mir weg saß, teilweise verstehen konnte, jedoch die Menschen, die mit an meinem Tisch saßen verstand ich nicht. Diese Situation kennen vermutlich viele andere auch.

Persönlichkeitsveränderung

Im Hinblick auf mein Cochlea Gerät, welches ich in der kommenden Woche zu ersten Mal ans Ohr bekomme, bildete ich mir ein, schon ein wenig kecker in meinem Auftreten und in bruchstückhaften Unterhaltungen, zu sein. Vielleicht hat mir auch nur der Wein gut geschmeckt. Abwarten.

Facebook Gruppen

Mit Facebook Gruppen zu „Schwerhörigkeit, Cochlea und anderen verwandten Themen“ habe ich Kontakt aufgenommen. Überrascht war ich, umgehend kleine Erfahrungsberichte von Gruppenteilnehmern erhalten zu haben mit jeder Menge Zuspruch für mein Leben mit Cochlea. Danke dafür.

Gespräch in der Heißmangel

Gespräch in der Heißmangel

am Donnerstag 11.06.2015

.. dieses neue Hörgerät kopf-ohne pflaster

„Ah, bekommen Sie dieses neue Hörgerät?“ fragt mich die Dame in
der Heißmangel. „Ich habe da kürzlich einen Bericht im Fernsehen gesehen.  Sie wies mit einer Handbewegung auf meinen Kopf, der deutlich sichtbar rasiert die Narbe der Operation zeigt – noch mit Fäden geschmückt.

Mein Mann ist auch schwerhörig

„Ja, mir wurde vor ca. einer Woche ein Cochlea Implantat eingesetzt.“ war meine Antwort. Gerade wollte ich weiter ausholen, doch meine Gesprächspartnerin war sehr daran interessiert, zunächst mal von ihrem Mann und seinen Hörproblemen zu berichten.  „Mein Mann hört nur noch auf einem Ohr und auf dem anderen Ohr versteht er wenig. Wenn wir ihn nicht direkt anschauen und ansprechen, versteht er nicht worüber wir sprechen. Es ist schlimm, auch für uns alle. Manchmal führt das auch zu Missverständnissen – wenn wir mit mehreren Leuten im Gespräch zusammen sitzen, bemühen sich alle, ihn beim sprechen anzusehen.  Da er meistens dennoch nicht versteht, worüber gesprochen wird, meint er manchmal wir sprechen über ihn.“ Schnell versuchte ich ein „das kann ich gut verstehen“ unterzubringen.

„Ja, dann wird er manchmal ärgerlich und fühlt ich nicht ernst genommen, besonders dann, wenn gelacht wird“ fährt sie fort „und  dabei haben sich alle nur Mühe gegeben. Das ist für uns alle auch nicht so leicht.“

Symptome wie bei mir

Parallelen zur eigenen Situation erkenne ich sofort. Die Schwierigkeiten aus der Sicht des familiären Umfeldes sind auch mir geläufig. Es leidet eben nicht nur der Schwerhörige, sondern auch seine Familie.

Der Weg zum Cochlea Implantat

Weiterhin zeige ich Verständnis und erkläre anschließend, die Gründe des Nichtverstehens sowie die verschiedenen Schritte, bis zum Hören mit einem Cochlea Implantat.

Die Cochlea OP war für mich ganz harmlos

„Ich hatte zuvor eine große Abneigung, mich am Kopf operieren zu lassen“ erkläre ich „aber es war ganz harmlos für mich. Durch die Narkose habe ich nichts mitbekommen. Und als ich wieder wach war, war alles vorbei. Ich hatte keine Schmerzen, bis heute nicht.“

Das muss ich meinem Mann erzählen

„Das muss ich heute Abend sofort meinem Mann erzählen“ meint sie beim Abschied.

Gespannt bin ich auf die Reaktion von Mitmenschen, wenn ich das CI endlich tragen werde. Vermutlich gibt es mehr Menschen im weiteren Umfeld, die ebenfalls schlecht hören.

Mehr Männer oder Frauen schwerhörig?

Mich beschäftigt die Frage, ob es mehr Männer oder Frauen sind, die von Schwerhörigkeit betroffen sind. Nach meiner subjektiven Beobachtung habe ich bisher mehr Männer gesprochen, die betroffen waren.

Wieder zu Hause

vorher: Nach der CI Operation

Wieder zu Hause

 Sonntag

Vor fünf Tagen wurde ich operiert. Seit zwei Tagen sitze ich nur noch kopf-pflasterherum, gehe spazieren, schreibe und unterhalte mich auf der Station. Seit zwei Tagen frage ich danach, „wann kann ich heim?“

Nicht dass ich mich langweile, ich habe hier immer irgend eine Beschäftigung. Aber es wird langsam unbequem – die Sitzhaltung, beim Schreiben, die Haltung beim abendlichen Fernsehen – der Bildschirm ist sehr klein und hat, wegen des alten Formates noch schwarze Streifen oben und unten, der große Chrombügel, der über das Bett ragt befindet sich auch noch im Blickfeld, und einiges mehr. Außerdem freue ich mich, bald wieder auf beiden Seiten schlafen zu können – bedingt durch die Operation war es notwendig, nur auf meiner rechten Seite, auf meinem rechten Ohr zu liegen.

Entlassung

Heute werde ich entlassen. Das erste Anzeichen dafür ist die Reinigungskraft. Sie kommt schon gegen acht Uhr und wischt meine Schrankteile und meinen Nachttisch aus. Auch mein Bett wird bereits neu bezogen und ist somit nicht mehr meins. Relativ früh kommt dann der Arzt und teilt mir mit, dass ich ab sofort entlassen bin.

Der Pfleger ruft mich nach kurzer Zeit und entfernt mir die Pflaster von Ohr und OP-Naht, reinigt mein Ohr und gibt mir vorsorglich ein Paar Pflaster mit. Ich werde aber kein Pflaster mehr anlegen – will Luft an die Naht lassen.
Jeder lobt die Naht, die ich selbst nur unter eignen Körper- und Halsverrenkungen sehen kann. „Das sieht aber gut aus.“ Höre ich vielfach, auch von Nichtfachleuten. Ich bin sehr zufrieden.

 Abschied

Mit meinem aktuellen Mitbewohner unterhalte ich mich noch bis ich abgeholt werde. Für mich ist es ein sehr gutes Gespräch, mein Eindruck ist, dass er dass auch so empfindet. Bisher hatten wir uns mit längeren Unterhaltungen zurückgehalten, nach seiner OP konnte und sollte er nur sehr wenig sprechen.

Seit ein Paar Tagen ist auch Fritz wieder auf der Station, ich hatte mich inzwischen ein paar Mal mit Ihm unterhalten. Von ihm verabschiede ich mich noch rasch.

Jetzt steht plötzlich meine Frau im Türrahmen. Wir benden unser Gespräch. Ich werde abgeholt. Schnell verabschiede ich mich noch vom anwesenden Personal. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Station habe ich als stets hilfsbereit, immer freundlich, und auch – soweit ich das einschätzen kann – kompetent erlebt. Der Abschied fällt fast ein bisschen schwer. Danke an alle!

Aber ich komme ja wieder – wenn es daran geht, hören neu zu lernen, sobald das Gerät angesetzt wird.

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Zuhause angekommen freue ich mich, wieder da zu sein, die Familie, die eigenen Räumlichkeiten, der Garten mit rauschenden Bäumen und allen unseren Tieren.

Als erstes lasse ich ein Foto von meinem Kopf, meiner Operationsnaht machen.

 Rückblick

Angst vor der Operation hatte ich nicht, aber Respekt. Trotz meines reifen Alters musste ich noch keine Operation und keine Vollnarkose über mich ergehen lassen. Darauf war ich fast ein wenig stolz. Vor Jahren hätte und hatte ich mich gestäubt, mich am Kopf operieren zu lassen. Ich ging davon aus, mir mit Hörgeräten helfen zu können. Doch das war eine Fehleinschätzung.

Wenn bestimmte Frequenzen nicht mehr gehört werden, dann gibt es nur noch wenige Lösungen. (Siehe dazu meinen Beitrag „Schrei nicht so“)

Jetzt, so schätze ich es ein, habe ich den schwerwiegendsten Schritt hinter mir, die Operation am Kopf. Das Implantat sitzt dort wo es sitzen soll – das kann ich selbst noch nicht wirklich einschätzen, aber ich gehe davon aus.

Heilungsprozess

Hin und wieder spüre ich leichte „Aktivitäten“ im Bereich meines linken Ohrs und darum herum. Mir fallen keine besseren Begriffe ein als Aktivitäten. Es zuckt manchmal, dann sticht es ein bisschen, dann zieht es wieder mal und auch der Druck fühlt sich anders an. Alle die Begriffe die ich nun doch gewählt habe, mehr noch die Vorstellungen die ich mit diesen Begriffen verbinde, müssten um jeweils 80 % abgemildert werden. Diese Wahrnehmungen führe ich auf den fortschreitenden Heilungsprozess zurück.

Mir geht es sehr gut.

In ca. einer Woche werden die Fäden gezogen.

Nach der CI Operation

vorher: Die Operation

Nach der Cochlea Implantat Operation

 Ich will mich bewegen

Seit ungefähr 14:00 Uhr bin ich wieder in meinem Zimmer. Die Infusion ist durchgelaufen und ich klingle um nicht mehr „angebunden“ zu sein. „Kann ich schon aufstehen?“ frage ich vorsichtig. „Wenn Sie wollen, probieren Sie es mal“ erhalte ich die Antwort und folge dieser Aufforderung umgehend. Prima, es geht. Noch ein ganz klein wenig wackelig, aber das schiebe ich weg. Ich will mich bewegen.

Jetzt nur noch das linke Hörgerät irgendwo am Verband links placieren und schon geht auch der Verstehen wieder besser – so wie bisher.

Gehen, gehen gehen

An diesem Nachmittag gehe ich gefühlte 126 Mal mit meiner Tasse zum Aufenthaltsraum in dem auch die Getränke bereit stehen, Kaffee und Wasser zum abpumpen, Tee in Kannen. Beim zweiten Mal gehen ist alles wieder im Normalzustand.

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 Keine Schmerzen

Die Wunde oder ist es der neue Fremdkörper im Kopf spüre ich ganz leicht. Wenn ich den Kopf in eine bestimmte Richtung drehe zieht es leicht hinterm linken Ohr. Keine Schmerzen – das gefällt mir.

 Holger kommt

Die Tür schwingt weit auf, ein Bett wird hereingeschoben, mein neuer Mitbewohner kommt zu Fuß hinterher. Ich nenne ihn Holger. Holger klagt ein wenig. Ihm wurde kurzfristig eine Gewebeprobe im Hals entnommen. Da hatte er noch gar kein Zimmer. Danach wurde er in ein anderes Zweibettzimmer dazugeschoben. Jetzt ist er hier. Die Gewebeprobe ist positiv.

Der Zweite mit Hals. Vielleicht steht deshalb bei der Bezeichnung HNO das H, also der Hals ganz vorne.

Holger ist sehr schockiert mit seiner Diagnose. Er soll noch in der Klinik bleiben um verschiedene weitere Untersuchungen machen zu lassen. Holger ist über 60 Jahre alt. Jetzt geht es darum herauszufinden, ob der Tumor im Hals in andere Körperregionen gestreut hat.

Bin ich schon wieder besser dran?

Ich erzähle nur kurz von mir, aber bekomme rasch den Eindruck, dass ihn das im Moment nicht interessiert. Das kann ich gut verstehen. Schon wieder komme ich mir wie ein Glückspatient vor. Holger versucht immer wieder zu schlafen. Ich interpretiere „wegschlafen.“

Seine Frau kommt und bringt Leben ins Zimmer. Mir vermittelt sie den Eindruck, die Managerin von Holger zu sein. Sie erzählt seine kurze Leidensgeschichte und beklagt sich über die Unfähigkeit bisheriger Ärzte, die Holger aufgesucht hatte.

Mir fällt auf, wie sie immer wieder ihrem Mann bekräftigt, dass alles Gut werden wird. Nach meinem Gefühl sind diese Beteuerungen ein bisschen to mutch. Mein Verdacht ist, dass Holger das auch so empfindet. Irgendwann später geht sie wieder.

 Benutze ich die anderen?

Benutze ich die Situation der anderen um mich selbst gut zu fühlen? Ich fühle mich jedenfalls glücklich und habe genug Energie, andere in ihrer Situation zu unterstützen, wenn die den Wunsch dafür irgendwie signalisieren.

Als Schwerhöriger habe ich mich in den letzten Jahren darauf spezialisiert, zu interpretieren. Manchmal glaube ich, das inzwischen gut zu beherrschen. Doch ich kenne Leute, die das anders sehen – die erleben, wie oft ich daneben liege.

Der Abend kommt, wir konzentrieren uns auf unser jeweiliges Fernsehprogramm. Mir fällt auf, dass Holger mit den Kopfhörern und mit Brille immer mal wieder den Eindruck erweckt, eingeschlafen zu sein. Doch dann wälzt er sich wieder. Ich weiß nicht, was er beruflich macht – ich habe ihn auch nicht gefragt.

Ich frage mich, ob sich Holger zwischen der Beteuerung seiner Frau „Alles wird gut“ und seinen eigenen, vermutlich negativen Gedanken hin und herbewegt. Er wirkt auf mich jetzt wie im Kampf zwischen zweierlei Gefühlen.

Zu Fritz vom Vortag hatte ich einen engeren Kontakt, zu Holger verständlicherweise noch nicht. Dennoch versuche ich auch ihm den Gedanken zu vermitteln, seine Vorhaben für die Zukunft aufzuschreiben. Ich bin unsicher, ob er in der Lage ist, das anzunehmen.

 Ich schlafe schlecht

Bis Mitternacht sehe ich fern. Holger ist fest eingeschlafen. Bei mir zu Hause gelte ich als Schnarcher. Was Holger sich da abhält, höre ich ohne Hörgeräte und durch das gesamte Verbandsmaterial hindurch. Er schnarcht so laut dass ich nicht schlafen kann.

Draußen ist Vollmond, der das Zimmer erhellt.

Es ist warm ich habe noch die langen Strümpfe von der OP an – das muss wohl noch so sein – und schwitze. Gegen Morgen schlafe ich ein.

Die Operation

zuvor: Gedanken und Gespräche vor der OP

Die Operation

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Weckgeräusche

Nach einer mäßigen Nacht im ungewohnten Bett und fast Vollmond im Raum werde ich, vermutlich durch rege Betriebsamkeit im Zimmer, wach. Es ist heller Morgen und etwa 7:45 Uhr. Ein Krankenpfleger klopft an die Badezimmertür und ruft nach Fritz. Der erscheint in der Unterhose und erhält die Anweisungen sich noch an bestimmten Stellen zu rasieren. „Machen Sie sich dann fertig, keine Kleidung mit Ausnahme der Unterhose, Bitte das OP Hemd anziehen und die Strümpfe.“ Fritz macht sich fertig wie gewünscht und „packen Sie Ihre Sachen noch zusammen, die bringen wir dann runter“ rief der Pfleger dann noch in einer Drehung ins Zimmer gewandt Fritz zu. Kurz darauf ist alles gepackt, Fritz legt sich in sein Bett und wartet.

Abschied

Meine Blase macht sich längst bemerkbar, muss aber noch warten, das geht jetzt nicht. Rasch verabschiede ich mich von Fritz und wünsche ihm alles Gute für seine OP und für die Zukunft. Da kommt schon der Pfleger und holt ihn samt Bett ab.

Nun gehe ich endlich zur Toilette und bin richtig wach. Für mich und meine Operation rechne ich mit ca. 10 Uhr.

Es geht los

Nach einem ruhigen Frühstück und den sonstigen Morgenabläufen kommt die Schwester um 9:00 Uhr und fordert mich gleichermaßen auf, mich für die OP fertig zu machen.

„Ausziehen bis auf die Unterhose, die engen Strümpfe anziehen, und das OP Hemd – vorne geschlossen und hinten offen“ und „Ach ja, kein Metall am Körper, keine Brille kein Hörgerät und keine Zahnprothese.“ Ob ich meine Sachen im Zimmer lasen kann oder nicht, darüber gibt es beim Personal unterschiedliche Meinungen. Schließlich kommt die Durchsage per Telefon, dass ich die Sachen im Zimmer lassen kann und nach der OP wieder hierher zurück kommen werde. „Klopf auf Holz denke ich, solange der Kopf noch unbeschädigt ist.“

 Abfahrt

Schon ist die Schwester da und holt mich samt Bett ab, zur Tür hinaus, den Gang entlang, zum Aufzug. Sie hat einen Schlüssel für den Bettenaufzug, dort fährt sie mich hinein und abwärts in den zweiten Stock. Hier angekommen geht es ruck zuck in einen Raum mit großem Tisch. Mein Bett wird hoch gepumpt und ich werde aufgefordert mich zunächst auf den Tisch zu begeben und danach gleich auf den recht schmalen anschließenden – vermutlich fahrbaren – Tisch. „Ist das der OP Tisch?“ ist meine Frage die umgehend bejaht wird. „Der ist aber schmal“ denke ich, vielleicht spreche ich es auch aus.

Vorstellungsrunde

Kaum dass ich das begreife, stehen vier Personen vor mir und stellten sich der Reihe nach bei mir vor – vielleicht geben Sie mir sogar die Hand – da bin ich mir aber nicht so sicher. Nun kann jeder nachvollziehen, dass ich ohne Hörgeräte in dieser Situation alle Namen und Funktionen dieser Personen bei der OP gut verstehe und mir auch merken kann. Was ich wirklich noch gerade so mitbekomme, ist die grüne Kleidung. Grün ist die Hoffnung.

Ich war nie beim Militär, kenne solche Verhaltensweisen nur aus Filmen. Diese Vorstellungsrunde empfinde ich aber noch zackiger und schneller als beim Militär  – und schon bekomme ich eine Sauerstoffmaske aufs Gesicht gedrückt. Nach einigen Sekunden nur, stellt mir eine der Personen eine Frage – darauf kann ich noch antworten „ich merke noch nichts“ … das war`s dann aber auch schon.

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 Aufwachen

Wodurch ich wach werde, kann ich nicht sagen. Da aber Menschen bei mir am Bett stehen, vermute ich, geweckt worden zu sein. Es ist ein sonniger und windiger Tag. Das erste was ich deutlich wahrnehme, sind die sich im Wind wiegenden Bäume draußen vor dem Gebäude. Ich erkenne sie wieder, es sind die gleichen Bäume, deren Wipfel ich von meinem Zimmer aus, oben im sechsten Stockwerk, sehen kann.

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Die Menschen versuchen mich zum sprechen zu bringen, was mir ohne Weiteres gelingt. Ich habe einen dicken Verband um den Kopf und hänge mit der linken Hand am Tropf.

Schon geht es wieder per Aufzug nach oben, dort wird mein Bett an die alte Stelle geschoben, und der Ständer mit dem Tropf daneben gestellt. „Wenn der durchgelaufen ist, klingeln Sie bitte.“

Wieder allein im Zimmer ist mein erster Gedanke, ein Selfie zu knipsen. Da ich das Smartphone schon vor der OP zurechtgelegt hatte, ist mir das auch gelungen.

Mein Gehirn funktioniert noch – oder wieder. Ich bin erleichtert.

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