Persönlichkeitsveränderung durch Schwerhörigkeit
Es geht ganz langsam, aber Du veränderst Dich, wenn Du schwerhörig bist. Du veränderst Deine Persönlichkeit.
Der Zusammenhang ist einfach und logisch. Je weniger Du hörst, desto weniger wirst Du verstehen. Wenn Du weniger verstehst, ergibt es ich zwangsläufig, dass Du Antworten oder Kommentare gibst, die nicht ganz auf das passen, was die anderen gesagt haben. Du liegst – gelinde gesagt – daneben. Und das hat Folgen.
Wie habe ich das erlebt?
Wie bin ich damit umgegangen und wie gehe ich noch damit um? Ich habe mich Schritt für Schritt – in kleinen dosierten Schritten – zurückgezogen. Von meinem Naturell her rede ich gern mit, bin manchmal ein Erklärer und führe gerne das Wort. Besonders gerne stelle ich Fragen. „Wer fragt der führt“ habe ich mal gelernt und auch sehr viel in Seminaren vermittelt. Es gehört zu meinem Wesen, viel zu fragen.
Wer fragt der führt
Dummerweise ist es mir immer noch nicht ganz gelungen, das abzustellen. Ich habe es noch nicht ganz geschafft. Denn – wer fragt, erhält in der Regel auch Antworten. Nur, was fang ich mit Antworten an, die ich nicht verstehe? (Was fragst Du dann so blöd, wenn Du doch sowieso nichts verstehst?) Als Fragender gebe ich den Anstoß für ein Gespräch, ein Thema vor. Und dann merke ich, dass ich nicht mithalten kann, weil ich die Gesprächspartner nicht verstehe, bzw. missverstehe – interpretiere. Daraus entwickelt sich in der Regel ein kleines Chaos, für mich zumindest. Aus dem komme ich dann nur wieder heraus, wenn ich meine Beteiligung am Gespräch mit dem Satz beende „Entschuldigung, ich wollte mir abgewöhnen, Fragen zu stellen, weil ich die Antworten sowieso nicht verstehe.“
Bei der nächsten Gelegenheit, schaffe ich es, mich solange zurückzuhalten, bis ich glaube, doch etwas verstehen zu können oder mein Wunsch, auch mal wieder etwas ins Geschehen rücken zu wollen, so groß ist, dass ich meinen Hinderungsgrund kurzzeitig vergesse. Das Ergebnis ist immer wieder das Gleiche. Pech gehabt.
Im Beitrag „Einsam unter Freunden“ klingt das schon an. Ich ziehe mich mehr und mehr zurück und beschränke mich aufs Beobachten.
Wie schätzt Du einen Menschen ein, der in einer Runde sitzt und kein Wort außer, „kannst Du mir bitte mal den Salat reichen“, spricht? Desinteressiert, sehr ruhig, merkwürdig still, unbeholfen, Muffel oder vielleicht auch arrogant.
Meine Persönlichkeit änderte sich im gleichen Tempo, wie sich meine Schwerhörigkeit entwickelt hat.
Gerne unter Menschen – Menschen meiden
Ich liebe es unter Menschen zu sein – doch ich meide diese Situation mehr und mehr.
Ich ziehe mich zurück – ich bin dann nicht nur in der Situation „zurückgezogen, ich lebe dann auch mehr und mehr zurückgezogen.
Bei irgendwelchen Veranstaltungen stehen Menschen in Grüppchen herum und unterhalten sich – Small Talk – vor Beginn oder in Pausen. Wo stehe ich dann? Bin ich allein, stehe ich irgendwo am Rande, mit der Hoffnung, dass mich keiner anspricht. Bin ich gemeinsam mit meiner Frau, stehe ich höflich neben ihr, nicke freundlich, beteilige mich aber nicht. Wie das von anderen, die mich nicht näher kennen, interpretiert wird, vermute ich mal zumindest mit „unhöflich“.
Persönlichkeitsveränderung
Meine Persönlichkeit hat sich verändert. Ich bin menschenscheu geworden, unterhalte mich nicht mehr und meide Menschenansammlungen – verlerne angeregt mitzureden. Im gleichen Maße reagiert meine Umwelt auch angemessen. Ich werde weniger angesprochen, weniger gefragt und fühle mich „geduldet“. Das schwächt zusätzlich mein Selbstbewusstsein.
Ich bin ein völlig anderer Mensch geworden, gemessen an der Zeit, in der ich noch normal gehört habe.
Mein Ziel habe ich ganz klar vor Augen. Ich will diese Entwicklung wieder rückgängig machen – mit einem Cochlea Implantat.
Mit unseren Hunden und Katzen spreche ich derzeit mehr als früher. Deren Antwort kann ich von den Augen ablesen. „Was laberst Du da wieder??“
Das kenne ich, aber mit HGs ist es meistens (manchmal/selten sind sie überfordert und ich ziehe mich wieder zurück) besser als ich es je gekannt habe.
Also eigentlich ist es bei mir eine umgekehrte Entwicklung – mir war ja nie bewusst, wieviel ich nicht mitkriege und was alles möglich ist.
Und weil Du die Katzen ansprichst – wir haben seit einer Woche, neben unseren bislang 5 Katzen, eine taube Katze.
Sehr spannend und eine große Herausforderung für alle Beteiligten.
Die interessierts nie, was ich da rede
Deinen Bericht kann ich voll und ganz verstehen. Aber ich habe für mich die Erfahrung gemacht, dass die Menschen, die mich schätzen, auch auf meine Hörschwäche Rücksicht nehmen.
Man ist bemüht, mich in jedes Gespräch mit einzubeziehen.
Und ich habe einfach in diesem Fall so viel eigenes Wertgefühl, dass ich mich nicht zurückziehe. Ich will den Kampf auch weiter nicht verlieren.
Bei Fremden ist es schwieriger, aber auch hier nehme ich mich nicht zurück. Ich bin trotz Hörschwäche nicht weniger wert, als jeder andere.
Ich kann Dir nur zu viel Mut raten und wieder ganz auf alle zuzugehen.
Trotzdem hier auch andere Beispile:
Endlich Sommer.
Schon seit meiner Jugend habe ich das Problem, dass ich ganz besonders stark hinter meinen Ohren schwitze.
Ich habe ich auch seit geraumer Zeit 2 wunderschöne Hörgeräte.
Jetzt haben die tollen Dinger ja den Nachteil, dass sie hinter den Ohren getragen werden müssen und – die dürfen nicht naß werden!!!
Nach dem das eine seinen Dienst völlig unerwartet ganz aufgegeben hatte, wurde ich stutzig.
Ergebnis: beide Batterien in beiden Geräten waren durch das Schwitzen klatsch naß!!!
Also, vorbei mit meinem Hörvorteil! Die Geräte konnte ich wieder aktivieren. Aber den ganzen Tag über muss ich Dank der überschüssigen Drüsenflüssigkeit auf meine Geräte verzichten.
Jetzt kommt’s: Meine Umwelt hatte sich sehr schnell an meine Verbesserung gewöhnt und sich in der Kommunikation ebenfalls dem neuen – meinem – Hörpegel angepasst.
Und jetzt: Wie früher, ich muss dauernd zurückfragen, stelle bei mir selber fest, dass ich ohne Geräte noch schlechter höre, als vorher. Die Umwelt hat natürlich den Geräuschpegel im Gespräch verständlicherweise dem bereits neuen Zustand angepasst. Antworten wie: o Gott o Gott, auf meine vielen Rückfragen, und dann umdrehen und gehen.
Das befriedigt mich im Augenblick auch nicht unbedingt. So sehr ich auch den Sommer liebe, freue ich mich aber doch sehr auf etwas kühlere Tage, an denen ich auch wieder wie eigentlich eingeplant, meine wundervollen Hörverstärker voll einsetzen kann.
Hallo das Problem kenne ich von früher, nimm, wenn es technisch möglich ist In-dem-Ohr-Geräte oder noch besser die neuen Geräte von ReSound ,die sich mit einem IPHONE als Fernbedienung koppeln lassen. Die kannst du in ein Glas Wasser werfen nach dem Rausholen trocken pusten, die funktionieren weiter einwandfrei, außerdem noch Fernsehen, telefonieren und je nach Umgebungs-Situation verschiedene Programme einstellen, ein guter Hörgeräte-Akustiker hilft dir da weiter. Ich musste früher beim Laufen die Hinter-dem-Ohr-Geräte rausnehmen, jetzt hab ich kein Problem mehr damit. Komm auf einen Versuch an!