Zwei Jahre CI Erfahrungen
An mein Cochlea Implantat denke ich nur noch, wenn es plötzlich ausfällt. Das geschieht einmal täglich, wenn der Akku leer ist. Plötzlich fehlt mir dann etwas – das, was ich nur durch mein CI wieder erlangt habe – beidseitiges Hören.
Wenn ein Ohr ausfällt
Für normal hörende Menschen ist das nicht vorstellbar, wenn plötzlich ein Ohr ausfällt. Selbst bei absoluter Stille, wenn es ringsherum ruhig ist, kein Auto fährt, kein Rasenmäher rattert, die Vögel verstummt sind, niemand spricht, fehlt plötzlich etwas Wesentliches, wenn ein Ohr ausfällt – oder mein CI.
Vor zwei Jahren erlebte ich zum ersten Mal wieder, wie sich Geräusche und Sprache über das linke Ohr anhören. Anfang Juli 2015 wurde mir der Sound Prozessor zum ersten Mal angesetzt und angepasst. Es folgte ein intensiver Lern- und Eingewöhnungsprozess.
Zwei Jahre sind ein angemessener Zeitraum, um über meine Erfahrungen als Träger eines Cochlea Implantats zu berichten. Mit meiner Einleitung oben scheint schon fast alles dazu gesagt.
Ausgangssituation
Meine Ausgangssituation: Ich trug rechts ein Hörgerät von Phonak. Es war und ist ein hochwertiges Gerät, welches die Funk
tion hat, mit einem zweiten Gerät am anderen Ohr zu kommunizieren. Auf dem linken Ohr war ich faktisch taub. Deshalb trug ich dort ein Gerät, das nur empfangen und das „Gehörte“ per Funk ans rechte Hörgerät funkte. Als ich im Jahr 2012 diese Ausstattung erhielt, war das noch nicht alltäglich. Darüber habe ich schon mehrfach geschrieben.
Da mein rechtes Ohr aber viele Frequenzen nicht mehr verarbeitete, war der Nutzen dieser Cross Lösung für mich sehr gering. Mein Hörverstehen war und blieb sehr schlecht.
CI wird zu wenig kommuniziert
Im Jahr 2015 habe ich viel über mein neues CI in meinem Blog geschrieben. Rückblickend denke ich, es wird noch viel zu wenig zu dieser technischen Hörhilfe kommuniziert. Im täglichen Ablauf wird mir nur noch selten bewusst, wie schlecht ich gehört und verstanden habe. „Man gewöhnt sich so schnell an das Schöne.“
Feste feiern
Feste feiern gehört auch zum Leben. Wenn sich zwanzig Personen, in kleinen Grüppchen zu unterschiedlichen Themen unterhalten, war das früher ein Gräuel für mich. Bei steigendem Geräuschpegel versucht jeder lauter zu reden, um noch verstanden zu werden. „Oh, ich glaub ich hab`s im Magen“, ist oft die Aufforderung an den Gastgeber, schnell mit einem Schnaps für Abhilfe zu sorgen. Nach einer Runde mit „Hochprozentigem“ verändert sich auffallend die Lautstärke. Achten Sie mal darauf, es ist erstaunlich. Da kommt dann auch so manches gesunde Ohr an seine Grenzen – so auch heute mein Cochlea Implantat.
Zurechtkommen mit dem CI
Wie komme ich mit meinem CI bei Feiern zurecht? Zugegeben, mit einem voll funktionierenden Original Gehör ist das nicht vergleichbar. Aber, ich komme weitgehend zurecht. Ich kann mich unterhalten, manchmal muss ich aber nachfragen, wenn eine Antwort meines Gesprächspartners durch eine noch lautere Stimme am anderen Tischende oder durch eine Stimme in einer für mich besser zu verstehenden Frequenz, die Hoheit über der Festtagstafel gewinnt. Dann schalte ich schon mal zwischen der Normal Einstellung und dem „Ultra Zoom“ hin und her. Je nach Situation verstehe ich mal mit der einen und mal mit der anderen Einstellung besser. Ein Programm, das den Hall reduziert, habe ich erst kürzlich an meinem CI entdeckt. Das hilft mir auch ganz gut beim Durchstehen von Feierlichkeiten.
Doch hören ist in diesen Situationen anstrengend. Diese Erfahrung mache ich immer wieder bei Festivitäten. Nach etwa einer Stunde der permanenten Beschallung benötige ich eine kurze Hörpause, eine Erholungspause für mein Gehör. Je nach örtlicher Gegebenheit, gehe ich dann für wenige Minuten auf die Terrasse, in den Garten oder besuche einfach die Toilette. Das hilft mir sehr und danach kann ich wieder munter mitreden und hören.
Im Alltag mit CI zufrieden
Doch die meiste Zeit meines Alltags verbringe ich nicht bei Geburtstagsfeiern und sonstigen Gelagen. Im Alltag bin ich mit meinem CI so richtig rundum zufrieden. Ganz selten gelingen mir kleine Triumphe. Bestimmte Geräusche höre ich früher oder kann sie eindeutiger interpretieren, als die Menschen in meinem familiären Umfeld. In diesen Momenten wird mir mein Cochlea Implantat sehr bewusst.
Wie bereits oben geschrieben. Mein CI gehört inzwischen zu mir. Ich spüre nicht mehr, dass ich es trage – trotz seiner Größe. Über meine Brille denke ich ja auch nicht nach, sie gehört ebenfalls zu mir. Kürzlich bückte ich mich nicht tief genug unter einem Baum. Ein Ast fegte mir nicht nur mein CI vom Kopf sondern auch meine Brille. Dann stehe ich da, nicht nur halb taub sondern auch noch halb blind, und versuche beides am Waldboden wiederzufinden.
Lebensqualität ist zurück
Stünde ich heute noch einmal vor der Hör-Situation wie vor zehn Jahren, würde ich diese Implantation früher vornehmen lassen. Meine Lebensqualität ist zurück.